Edvard Hoem: Der Geigenbauer

„Sein letztes Weihnachten verbrachte Lars mit dreien seiner sieben Töchter, und er sprach über vieles, was er ihnen nie zuvor erzählt hatte.“ (S. 8) Unter anderem sprach er über die fehlende Freiheit. Das ganze Land sei unfrei, und nicht alle, die fortgingen, fänden den Weg nach Hause zurück.

Lars Olsen Hoem (1782-1852) war der jüngste Sohn einer Bauernfamilie, die an der Westküste Norwegens lebte. Traditionell war sein Leben als Knecht vorbestimmt, indem Lars nach dem Tod des Stiefvaters weiter für dessen ältesten Sohn auf dem Hof der Familie arbeiten sollte. Sein einziger Ausweg, eigenes Geld zu verdienen, wäre mit einem Boot zu fischen und Waren zu transportieren. Ohne Geld fortzugehen, war noch mit weiteren Schwierigkeiten verbunden. Denn jeder, der in die Fremde wollte, musste zuvor konfirmiert werden, um als Erwachsener zu gelten.

Lars wartete ungewöhnlich lange auf seine Konfirmation. Erst als für den Napoleonkrieg junge Soldaten gebraucht wurden und Lars mit 50 anderen jungen Männern eingezogen wurde, änderte sich für ihn alles. Weiterlesen

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Volker Kutscher: Transatlantik

Der letzte Krimi um den Berliner Kommissar hat ja einen gemeinen Cliffhanger enthalten. Wir erinnern uns, er endete, als die „Hindenburg“ mit Gereon Rath an Bord steuerte auf den Landeplatz in Lakehurst zu. Dazwischen gab es noch den liebevoll gezeichneten Band „Mitte“, der den Leser über Fritzes Schicksal aufklärte, aber auch nicht gut endete. Umso sehnlicher wurde dieser neue Band um Gereon Rath, Charlie Rath und Fritze erwartet.

Und die Fäden werden wieder aufgenommen. Allerdings beginnt der Roman nicht am 6. Mai 1937, sondern bereits einige Wochen früher. Gereon Rath hat sich nach Wiesbaden verzogen und arbeitet als Auslieferfahrer. Er wähnt sich hier sicher, in Berlin hält man ihn für tot und hier meint er niemanden zu kennen. Aber er hat einfach zu viele und zu weitgestreute Bekannte und einer davon erkennt ihn auch in Wiesbaden. Rath wird erpresst, aber er bekommt auch die Gelegenheit, genug zu verdienen, um in Amerika einen Neuanfang zu wagen. Wenn er die „Hindenburg“ besteigt.

Charlie Rath ist aus Prag zurückgekehrt, nachdem sie von Fritzes Verhaftung erfahren hat. Sie bewirbt sich erneut um die Vormundschaft des Jungen und um ihn aus der Irrenanstalt herauszuholen, hat sie einen ganz besonderen Zeugen aufgetrieben Weiterlesen

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Karen Duve: Sisi

Einen Roman über „Sisi“, Kaiserin von Österreich-Ungarn, zu schreiben, ist eine mutige Sache. Karen Duve hat sich dieser Herausforderung gestellt, unzählige Originaldokumente durchforstet und eine unglaublich akribische Recherche betrieben. Das hat sich gelohnt. Insbesondere drei Personen stehen im Mittelpunkt dieses Buches. Zum einen ist das Elisabeth selbst, strahlendes Zentrum des Geschehens. Des Weiteren ihre Nichte Marie Louise Baronesse Wallersee, fast genauso schön, genauso schlank und eine besessene Reiterin wie ihre Tante. Außerdem gibt es noch die Hofdame Marie Festetics. Sie verehrt Elisabeth abgöttisch. Es geht viel ums Reiten und um die Jagd in diesem Buch. Beides von Elisabeth tatsächlich exzessiv betrieben. Es wird skizziert, wie skrupellos sie ihre unvergleichliche Schönheit einsetzt, wie sie Ehen arrangiert, die ohne Widerspruch eingegangen werden müssen und wie sie dabei sogar ihre eigene Tochter Gisela verschachert. Ihre Angst vor dem Alter ist ein ständiges Thema und die Beziehung zu Franz Joseph, der alle ihre Eskapaden bezahlt. Elisabeth wird suggestiv, manipulativ und absolut empathielos gezeichnet.  Ihr Wille ist Befehl. Weiterlesen

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Eva Garcia Saenz: Aquitania: Das Blut der Könige

Der Roman um die Jugendjahre der berühmten Königin Eleonore oder Alionore von Aquitanien beginnt etwas schwerfällig. Es ist nicht ganz einfach in die Geschichte hineinzukommen, aber es lohnt sich. Ist der Leser einmal im Fluß angekommen, wird er tiefer und tiefer und immer schneller in die Geschichte hineingesogen.

Als 1137 der Herzog von Aquitanien tot aufgefunden wird, endet die Kindheit Eleonores schnell. Die junge Frau, mehr noch ein Mädchen, schmiedet einen Plan, um Aquitanien zu bewahren. Sie will den Sohn des französischen Königs, den sie für den Drahtzieher am Mord ihres Vaters hält, heiraten und so die französische und die aquitanische Krone vereinigen. Aber sie hat den Plan gemacht, ohne den Sohn überhaupt zu kennen und Louis erweist sich als ganz anderer Mann, als sie erwartet hatte. Er hatte nie damit gerechnet, König zu werden, wollte sein Leben aus tiefster Überzeugung Gott weihen. Und plötzlich ist er König und sie Königin, weil das Leben im Mittelalter mit den Menschen spielen konnte. Weiterlesen

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Micaela A. Gabriel: Die Frauen vom Reichstag 02: Ruf nach Veränderung

Marlene von Runstedt und Sophie Maytrott brechen in eine ungewisse Zukunft auf. Eine Weile haben sie sich nur auf ihre Arbeit konzentriert und die Vorzeichen auf eine rückwärtsgewandte Gesellschaftspolitik nicht wahrgenommen. Nachdem beide von ihren Eltern gefördert wurden, Jura studierten und als Abgeordnete für demokratische Werte und Frauenrechte kämpfen, stehen ihnen nach wie vor gesellschaftliche Konventionen im Weg. Gebildete Frauen sind nach dem Ersten Weltkrieg eine unerwünschte Randerscheinung. Beide erleben Rückständigkeit und die Folgen der Armut. Gleichzeitig beobachten sie, wie Nationalsozialisten prügelnd und pöbelnd immer mehr Unterstützung in der Bevölkerung erfahren.

Beide müssen folgenreiche Entscheidungen treffen.

In ihrem zweiten Band der Trilogie Die Frauen vom Reichstag zeigt Micaela A. Gabriel erneut, wie wichtig Politik und Frauenrechte im alltäglichen Leben sind. Sie beeinflussen das Leben von Marlene und Sophie bereits bei kleinsten Entscheidungen. Als Wegbereiter für Freiheit und demokratische Werte haben sie die Menschen im Blick, die sich nicht so gut wehren können. Am Beispiel der historisch belegten Schüler-Tragödie zeigt sich, wie leicht ein achtzehnjähriger Arbeitersohn durch unglückliche Umstände zum Tode verurteilt werden kann. Weiterlesen

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Rebecca Gablé: Drachenbanner

Es geht zurück nach Waringham. Endlich. Und in diesem Band findet Rebecca Gablé auch wieder den Erzählfluss, den ich bei ihr so liebe. Und trotzdem ist dieser and doch anders als die anderen. Denn diesmal spielt nicht ein Mitglied des Adels die Hauptrolle – auch kein gefallenes – sondern ein Leibeigener. Unfrei geboren, vollkommen abhängig von seinem Lehensherrn, der in diesem Fall ein eher böser Waringham ist, fällt es Bedric von Anfang an schwer, sich mit seinem Schicksal abzufinden. Das Leben hat es ihm auch nicht einfach gemacht. Seine Mutter war die Amme der Adela von Waringham und da die meisten Waringham – außer dem aktuellen – eigentlich gute Herren sind, wächst er in den ersten Jahren auf der Burg beinahe gleichberechtigt mit seiner Ziehschwester auf. Das bedeutet, er kennt die andere Seite und mag sich mit seiner so gar nicht abfinden. Nach dem Tod seines Vaters hatte er die Summe für seine Freilassung schon zusammen, aber sie wird ihm gestohlen. Das ist zu viel, er flieht nach London, um „nah einem Jahr und einem Tag“ frei zu sein. Kein einfaches Vorhaben, aber in diesem Fall erfolgreich. Und dann lernt er Simon de Montfort kennen. Er ist der Schwager des Königs, aber hat für einen Adeligen geradezu unziemliche Gedanken über Gleichberechtigung und Mitsprache. Dass der König eine Fehlentscheidung nach der anderen trifft, schadet seiner Sache nicht gerade. Weiterlesen

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Alexa Hennig von Lange: Die karierten Mädchen

Die karierten Mädchen: Jene fesch im karierten Dirndl auflaufenden jungen Frauen erhalten im Waisenhaus Oranienbaum eine Hauswirtschaftsausbildung, bekochen und beaufsichtigen die kleinen Bewohner. Zwar versucht die junge Lehrerin Klara, ihren Schützlingen Individualität beizubringen, doch steht dies im größtmöglichen Gegensatz zu den Lehren des Nationalsozialismus. Hier soll die Frau dem Führer vor allem reinrassige deutsche Kinder schenken. Und die Dirndl? Nun ja, der Führer liebt Bayern und sein Kehlsteinhaus bei Berchtesgaden.

Die 93-jährige blinde Klara beginnt, die verdrängten Ereignisse ab 1929 auf Kassetten aufzusprechen. Nicht einmal ihre vier Kinder wissen vom dunklen Fleck ihrer Vergangenheit. Als junge Frau in Oranienbaum ist sie noch voller Träume. Beseelt von dem Gedanken den verwaisten und kranken Kindern eine bessere Zukunft zu bieten. Und den jungen Hauswirtschafterinnen aufzuzeigen, dass es für sie eine selbstbestimmte Zukunft abseits von Hochzeit und Unterwerfung geben kann. Doch ein Ereignis bringt die pflichtbewusste Klara dazu, die Regeln zu brechen. Weiterlesen

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Ralf Günther: Arzt der Hoffnung

Robert Koch ist bereits anerkannter Stabsarzt, als er 1892 nach Hamburg geschickt wird. Eine Krankheit breitet sich aus, aber niemand in Hamburg will hören, dass es sich dabei um eine Seuche handelt. Die Cholera greift um sich und Koch bekommt aus Berlin den Auftrag, diese einzudämmen und am besten zu besiegen. Keine leichte Aufgabe, möchte sich die Stadtregierung von Hamburg doch am besten gar nichts von Berlin vorschreiben lassen und eine Abriegelung hat ja auch Konsequenzen. „Die Wirtschaft, die Wirtschaft“, glaubt man sie jammern zu hören.

Ralf Günther nimmt den Leser an die Hand und führt ihn in den Personen von Robert Koch und seiner Geliebten Hedwig durch das Hamburg der Sattelzeit. An der Seite von Koch erleben wir eine sture Bürokratie, eine immer verzweifelter werdende Suche nach der Ursache, nach der Quelle, aber auch Diskussionen um Maßnahmen, die weder von der Bürokratie noch von den Menschen so richtig angenommen werden mögen. An der Seite von Hedwig erleben wir die Auswirkungen auch auf die einfachen Menschen. Weiterlesen

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Micaela A. Gabriel: Die Frauen vom Reichstag: Stimmen der Freiheit

Marlene erlebt das deutsche Kaiserreich, lernt den Ersten Weltkrieg fürchten und im Anschluss eine neue politische Ordnung, die Demokratie, kennen. Unterschiedliche Parteien kämpfen um Mehrheiten, die durch das Frauenwahlrecht eine neue Dynamik erfährt. Marlenes Dynamik besteht aus ganz viel Lernen und einem abgeschlossenen Jura-Studium in Paris, weil dieses für Frauen in Deutschland nicht erlaubt ist. Danach schreibt sie in München ihre Doktorarbeit. Fräulein Dr. Marlene von Runstedt hat sich für den Kampf für Frauenrechte entschieden. Und wer für Frauen erfolgreich kämpfen will, muss dafür in die Politik gehen. Der Preis für eine solche Karriere ist hoch. Marlene kann dies nur bewerkstelligen, wenn sie ledig bleibt und für den guten Ruf im Zölibat lebt.

Die Bestseller-Autorin Micaela A. Gabriel wurde über ihre Tochter, die als Historikerin nach den ersten Politikerinnen im Reichstag forschte, auf die Pionierinnen aufmerksam. Dieses Thema begann sie so zu fesseln, dass daraus ein umfangreiches Werk aus drei Teilen wurde. Weiterlesen

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Thomas Ziebula: Engel des Todes

Der Erste Weltkrieg ist an keinem spurlos vorbeigegangen. Und dies nicht nur in der Bevölkerung. Auch die heimkehrenden Soldaten müssen sich umstellen. 75 % von ihnen werden nicht mehr gebraucht. Bei diesen weitreichenden Veränderungen kann es nur Aufruhr geben. Denn jeder in Leipzig verfolgt seine politischen Ziele. Die einen wollen die guten, alten Zeiten des Kaiserreichs zurück, die anderen Frieden und ihre gerade zurückgewonnene Freiheit behalten. Rechte, Linke, Konservative, Kommunisten stehen sich kämpferisch gegenüber. Der Putschversuch in Berlin kommt da vielen gerade zur rechten Zeit, um sich mit Waffengewalt zu positionieren. Aus dem in Berlin ausgerufenen Generalstreik entsteht auch in Leipzig ein blutiger Bürgerkrieg.

„Stainer starrte in die Flammen und rang um Fassung. Was sollte nun werden? Aus Leipzig, aus Deutschland – sah so die Zukunft der Republik aus? Der brennende Dachstuhl der Villa krachte zusammen.“ (S. 376)

In diesem politischen, kriegerischen Durcheinander muss Kriminalinspektor Stainer einen Serienmörder fangen, der seinen Opfern nicht nur das Leben nimmt, sondern auch ihre Köpfe vom Körper abtrennt. Weiterlesen

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