Carsten Sebastian Henn: Der Gin des Lebens

Die Freundin hat seinen Heiratsantrag abgelehnt. Sein Job macht ihm keinen Spaß. Den Oldtimer hat er aus Versehen im Rhein versenkt. Zudem wird ihm mangelnder Ehrgeiz sowie das Fehlen jeglicher Erfolgsperspektiven vorgeworfen. Kurz: Bei Benoit „Bene“ Lerchenfeld läuft es gerade richtig mies. Aus Frust möchte er sich mit dem Gin seines verstorbenen Vaters die Kante geben – bis er bemerkt, dass es sich um ein wahres Meisterwerk handelt. Wie konnte sein Vater einen so herausragenden Tropfen produzieren? Liegt darin eine Geschäftschance für Benoit?

Seine Nachforschungen führen in die englische Stadt Plymouth, Genauer: In das niedliche Bed & Breakfast von Cathy Callaghan. Auch diese versucht seit Jahren vergeblich, die Gin-Rezeptur ihres verstorbenen Vaters nachzubauen. Aktuell hat sie jedoch viele weitere Sorgen: In ihrem Garten ist ein toter Obdachloser aufgefunden worden. Unverhofft gerät Cathy selbst ins Kreuzfeuer der Ermittlungen. Daneben macht ihr alkoholkranker Bruder Probleme und jemand scheint ihre Gin-Produktion sabotieren zu wollen.

Als sich Cathy und Bene begegnen, liegen sie sofort auf einer Wellenlänge. Ihre Väter waren über Jahre miteinander befreundet. Doch je weiter die beiden forschen, desto mehr erhärtet sich der Verdacht, dass in der Vergangenheit ein dunkles Familiengeheimnis begraben liegt. Noch dazu befindet sich Bene gegenüber Cathy im Zwiespalt: Einerseits fühlt er sich zu ihr hingezogen, andererseits hat er sich beim Wettlauf um die Gin-Rezeptur unbewusst als Cathys Konkurrent platziert. Brände, stadtbekannte Schlägertypen und rachsüchtige Polizisten sorgen ohnehin dafür, dass für romantische Gefühle (vorerst) weder Zeit noch Muße bleiben.

Dem renommierten Restaurantkritiker Carsten Sebastian Henn ist ein stimmungsvoller Kulinarik-Krimi gelungen. Es ist nicht sein erster – Bücher wie „In vino veritas“ und „Tod und Trüffel“ hielten sich schon in der Vergangenheit wochenlang auf den Bestsellerlisten. Bei diesem Buch kommen sowohl Spirituosenfans, als auch Englandliebhaber ganz auf ihre Kosten. Dafür hat der Autor seine Figuren mit einigen landestypischen Marotten ausgestattet: Der Haushund ist selbstverständlich ein Corgi, der Ausflüge im Fahrradkörbchen liebt. Die Damen im Altersheim tragen Ascot-Hüte, während die Gäste des Bed & Breakfast in gepflegter Exzentrik schwelgen und sonderbaren Hobbies nachgehen. Ganz wichtig: Egal wie groß die Not ist, an der Tea-Time wird festgehalten. Sie hält Leib und Seele sowie manche fragile Gemeinschaft zusammen.

Neben der belletristischen Ebene gibt es noch reichlich Fanservice für (angehende) Gin-Liebhaber. Der Plot ist zersetzt mit Info-Seiten, in denen die Leser alles über die hochprozentige Spirituose erfahren. Wo liegen die Ursprünge des Gins? Welche Botanicals werden bei der Herstellung verwendet? Worin liegt der Unterschied zwischen einem Dry Gin und einem London Dry Gin? Was ist ein Bathtub Gin, Cordial Gin und Sloe Gin? Wie lauten die beliebtesten Gin-Cocktails und woraus bestehen sie? Zum Abschluss serviert uns der Autor überraschende Gin-Rezepte von den Queen-Mum-Cookies bis zu beschwipsten Matjesheringen.

Fazit: Das Erfolgsrezept „Kulinarik plus Krimi“ ist in diesem Roman von Carsten Sebastian Henn wieder aufgegangen. Der Gourmet-Kenner, Weinbergbesitzer und erster Vorsitzender der „Weinentdeckungsgesellschaft“ weiß, wovon er spricht. Das genussvolle Hintergrundambiente, liebenswerte Charaktere (sowohl Zwei- als auch Vierbeiner) plus der stimmige Krimiplot vereinen sich zu einer ausgewogenen, literarischen Komposition. Ideal auch zum Verschenken. Cheers!

Carsten Sebastian Henn: Der Gin des Lebens.
DuMont Buchverlag, April 2021.
336 Seiten, Taschenbuch, 10,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Diana Wieser.

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