Carolin Hagebölling: Der Brief

Marie lebt als Journalistin in Hamburg, in einer Gemeinschaft mit ihrer Freundin Johanna. Eines Tages erhält sie einen seltsamen Brief. Er scheint von einer alten Schulfreundin zu stammen, aber es ist von Dingen die Rede, die so nie geschehen sind. Marie lebt angeblich in Paris mit einem Mann zusammen und hat regen Kontakt zu ihrer Freundin, die sich im realen Leben seit Jahren nicht mehr gesehen hat.

Sie nimmt Kontakt auf und stößt auch da auf eine völlig andere Geschichte. In dem Brief war von zwei Kindern die Rede, aber das jüngere Mädchen wurde niemals geboren. Marie reist nach Paris und findet die Menschen, von denen im Brief, inzwischen sind es mehrere Briefe, die Rede ist. Das Zusammentreffen fühlt sich seltsam vertraut an, aber auch irreal. Sie verdächtigt einen ehemaligen Schulkameraden, den sie als Mädchen wenig nett behandelt hat, aber wie er so schön sagt: „Die Realität ist eine Frage der Wahrnehmung, nicht der Wahrheit.“(S. 51).

Ich liebe „Was wäre wenn“- Geschichten. Was wäre aus unserem Leben geworden, wenn wir andere Menschen getroffen hätten, wenn wir andere Entscheidungen gefällt hätten? Kann eine winzige Veränderungen ein Leben komplett auf den Kopf stellen? Carolin Hagebölling beschreibt in „Der Brief“ nach und nach zwei Universen. Das ist faszinierend und übrigens auch sehr gut geschrieben. Ich hatte die Leseprobe entdeckt und schon nach den ersten Seiten gemerkt: „Das Buch musst du haben!“. Es hat mich kaum enttäuscht. Einzig die Tatsache, dass die Autorin keine einleuchtende Erklärung für das plötzliche Zusammentreffen der beiden möglichen Leben findet, hat den Schluß etwas eingetrübt. Aber sonst habe ich das Buch verschlungen, immer auf der Suche nach Spuren. Es Marie einfach wahnsinnig? Ist ihre Freundin wahnsinnig geworden über den Verlust des Kindes und treibt ein perfides Spiel mit ihr? Oder ist das irgendwie doch alles real?

Ein toller Roman, den man kaum aus der Hand legt, sobald man in der Geschichte drin ist. Gut geschrieben und so aufgebaut, dass die Spannung kaum jemals nachlässt. Echte Empfehlung.

Carolin Hagebölling: Der Brief.
dtv, Juni 2017.
224 Seiten, Taschenbuch, 14,90 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.