Bernd Gieseking: Früher hab‘ ich nur mein Motorrad gepflegt

Von einem, der auszog, um seinen alten Eltern zu helfen. Genau! Und dies betrifft uns alle, die wir in „diesem“ Alter (noch) verweilen. Eben in dem Alter, in dem sich der Autor auch befindet. Da eben, wo man sich noch fit fühlt, einem manchmal (noch) die Welt gehört und erste Alterswehwehchen am Tresen einfach weggetrunken werden. Mit „Prostata die Herren“ und ähnlichen Sprüchen! Tja, irgendwann fällt einem auf, das die Eltern nunmehr über achtzig sind. Das kann man eine Zeit lang ignorieren oder nicht ernst nehmen, oder schlimmer noch, hoffen, dass da Geschwister sind, die Verantwortung abnehmen. Nicht so Bernd Gieseking: er stellt sich. Und das ist so rührend, dass einem manchmal die Tränen kommen, bei all der Sitcom im Hause Gieseking. Ur-Westfalen aus der Nähe von Minden. Kauzig manchmal, aber im Kern herzlich und liebevoll. Nur nicht alles sofort zeigen.

Eine Krankheit, z.B. ein Rippenserienbruch, wird erst bagatellisiert, etwa: dafür brauchst Du nicht extra zu kommen, mein Junge. Aber der kleine Bernd kommt – und wie! Er bleibt sogar einen ganzen Sommer und erlebt alles in einem derart anderen, neuen Licht, welches ihm nicht nur einmal, sondern serienweise, aufgeht. Er packt an, macht natürlich alles falsch, aber es kommt zu einer wunderbaren Nähe und vor allem, zu einem Verstehen des Prozesses, der da schlicht und einfach „altern“ heißt. Und uns noch bevorsteht. Dieses Buch ist eine Vorbereitung auf das was uns „blüht“ oder in uns „verblühen“ wird. Wenn ich dann so jemanden hätte wie Bernd, ok, lass kommen! Wenn ich überhaupt niemanden habe, einsam bin, mich die Demenz aus dem Rennen nimmt, dann lesen Sie bitte alle die in Verantwortung stehen, meine Patientenverfügung! Klasse Buch!

Bernd Gieseking: Früher hab‘ ich nur mein Motorrad gepflegt: Wie ein Sohn tapfer versucht, sich um seine alten Eltern zu kümmern.
Fischer, August 2017.
288 Seiten, Taschenbuch, 9,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Fred Ape.

 

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