Bernd Cailloux: Der amerikanische Sohn

Der Berliner Schriftsteller Bernd Cailloux schickt in seinem autobiographisch geprägten Roman „Der amerikanische Sohn“ den Ich-Erzähler in die USA. Eine Stiftung hat ihn nach New York eingeladen. Aber zugleich bietet diese Reise für ihn eine Möglichkeit, seinen erwachsenen Sohn zu treffen, der in den Staaten lebt. Zuvor hatte er nie Kontakt zu ihm. Die Mutter, mit der er vor über 30 Jahren eine kurze Affäre hatte, hat sich wenig später mit dem gemeinsamen Sohn nach Jamaica und dann in die USA abgesetzt.

​Der Ich-Erzähler ist das, was man heute als Alt-68er bezeichnen würde – ein ehemaliger Hippie, der in dieser Zeit eine Firma für Stroboskope aufgezogen hat.

„Der amerikanische Sohn“ ist ein lakonisch und humorvoll erzählter Roman, der von den zahlreichen Erinnerungen des Protagonisten lebt. Sie legen die vielen Widersprüchlichkeiten in seinem Leben genauso frei wie die eines Landes wie den USA.

Dort, wo ihn die Spur zu dem verlorenen Sohn schließlich hinführt – nach Menlo Park in Kalifornien – tritt das besonders deutlich zutage: Heute Sitz vieler IT-Firmen, in denen dem Kapitalismus in Reinform gefrönt wird, war es in den 60er Jahren zugleich ein Ort, der im Zusammenhang mit aufkommenden Gegenkulturen wie den ersten Hippie-Kommunen und LSD-Befürwortern wie den Merry Pranksters stand.

Bernd Cailloux, geboren 1945, gelingt es zudem, die inneren Befindlichkeiten seines Helden zu vermitteln – zum Beispiel die Ängste und Unsicherheiten, die er in der Riesenstadt New York auch noch im gereifteren Alter von 70 Jahren verspürt.

​Gelegentlich – und das wäre der einzige Kritikpunkt an diesem insgesamt lesenswerten Roman – wird es womöglich etwas zu viel mit den ständigen Reflexionen und Erinnerungen und man wünscht sich als Leser einen zügigeren Fortgang der Handlung um die Suche nach dem verlorenen Sohn.

Bernd Cailloux: Der amerikanische Sohn.
Suhrkamp Verlag, Mai 2020.
223 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.

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