Anne Mette Hancock: Narbenherz

Wenn man eine zusammenhängende Reihe von Romanen liest, mit wiederkehrenden Protagonistinnen, dann ist es ein wenig wie das Wiedertreffen von guten Bekannten. So zumindest war mein Gefühl, als ich diese Fortsetzung des Sensationserfolgs „Leichenblume“ der dänischen Autorin in die Hand nahm. Mit dem ersten Band hatte sie sämtliche Bestsellerlisten gestürmt. Und es ist zu erwarten, dass dieser zweite Roman um Heloise Kaldan dem in nichts nachstehen wird. Mich hat er jedoch nicht ganz so sehr begeistert wie die erste Folge.

Ein kleiner Junge verschwindet. Die Ermittlungen leitet Erik Schäfer, der Kommissar, der mit der Journalistin Heloise befreundet ist, seit sie sich im vorhergehenden Band zum ersten Mal begegneten. Diese wollte gerade mit Recherchen zu posttraumatischen Belastungsstörungen bei ehemaligen Soldaten beginnen, hierbei sollte ihre beste Freundin Gerda, Militärpsychologin, sie unterstützen.

Die Story entwickelt sich sehr langsam, es gibt viel Nebenhandlung, die die Spannung, die sich ohnehin nur sehr langsam aufbaut, immer wieder ausbremst. Das Privatleben von Heloise nimmt breiten Raum ein, ihre Beziehung zu Martin belastet sie, sie fühlt sich davon überfordert. Sie streitet mit Gerda, sie missbraucht das Vertrauen von Erik und beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln. Letzteres ist typisch für diese Art von Krimis – Thriller scheint mir nicht die passende Bezeichnung für diesen Roman. Das macht es jedoch nicht weniger unrealistisch, dass die im Roman geschilderten Fälle stets in irgendeiner Weise mit den Protagonisten verbunden sind.

Auch sind viele Dialoge, insbesondere die Gespräche zwischen den Ermittlern oder zwischen Erik Schäfer und den Gerichtsmedizinern, langatmig und zu detailliert, werden doch stets Anweisungen gegeben und erläutert, die den Personen längst bekannt und klar sein sollten. Dies geschieht natürlich zur Erhellung der Leser, sorgt jedoch für unnötigen Infodump und stört die Authentizität all diese Szenen.

Aber dennoch ist natürlich der Roman fesselnd, was vor allem an den sympathischen Figuren liegt, die alle ihr Päckchen zu tragen haben. Insbesondere der Kommissar wächst ans Herz, seine Liebe zu Conny, seiner Frau, gibt ihm Kraft, all die grauenhaften Taten, die er aufklären muss, zu ertragen.

Mein Fazit: Dieser zweite Band ist ein solider Krimi, der jedoch, was Spannung und Tempo angeht, seinen Vorgängerband längst nicht erreicht.

Anne Mette Hancock: Narbenherz.
Aus dem Dänischen übersetzt von Friederike Buchinger.
Fischer, Juli 2021.
384 Seiten, Taschenbuch, 15,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.

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