Andreas Brandhorst: Das Netz der Sterne

Die Welt in einer fernen Zukunft. Die Menschheit hat sich, auch Dank der Erfindung des überlichtschnellen Reisens durch den Interkosmika Konzern in der Galaxis ausgebreitet. Auf anderes, intelligentes Leben ist man dabei nicht gestoßen, demokratische Regierungsformen wurden schon früh abgeschafft. Es regiert der schnöde Mammon in Gestalt von Interkosmika.

Die Velazcas gehörten einst zu den großen bedeutenden und einflussreichen Familien auf Rosengarten im Joumis-System. Inzwischen aber stehen sie mit 37 Millionen Debitpunkten bei Interkosmika in der Kreide. Anita Velazcas wollte durch einen jahrzehntelangen Dienst die Schulden tilgen, allein, sie hat ihren Dienstbereich unerlaubt verlassen und ist abtrünnig geworden. Interkosmika nimmt deshalb ihre Schwester Tess, die sich just zur Musikakademie auf Harmonie Ophiuchus aufmachen wollte um dort Gesang zu studieren, in Haftung. Statt der eigentlich 20 Dienstjahre reduziert Tess, die von ihrem Verlobten Sinclair begleitet wird, die Dienstzeit auf 5 Jahre indem sie sich bereit erklärt, als Kartographin neue Routen durch den Hyperraum zu erkunden – eine Tätigkeit, von der die meisten Kartographen nicht lebend zurückkommen.

Es kommt, wie es kommen muss – Tess und ihre beiden Begleiter havarieren abseits ihrer vorgesehenen Route und machen unliebsame, ja desaströse Bekanntschaft mit einem früheren Erdenraumschiff, das mit seiner einst tiefgefrorene Fracht weit vom Kurs abgekommen ist – und sie finden auf dem Planeten ein fremdes Raumschiff. Dass Tess eine besondere Verbindung zu dem Alien-Schiff hat, offenbart sich bald. Als sie vom Konzernoffiziellen übervorteilt für weitere Jahre als Kartographin eingesetzt wird, hat sie Visionen – sie reist durch Raum und Zeit, besucht ihre Heimat, bestaunt die Gedenkstätte die der Konzern ihr nach 25 Jahren im Dienst auf der Erde gewidmet hat und trifft auf den Dunklen – etwas, das als sie das fremde Raumschiff berührt hat Verbindung zu ihr aufgenommen hat …

Andreas Brandhorst kann auf eine lange und sehr erfolgreiche Karriere zurückblicken. Zunächst hat er im Taschenbuch und Heft publiziert, später war er Jahrelang für die kongenialen Übersetzungen Terry Pratchetts Discworld-Romane zuständig. Bei Heyne kamen dann die ersten Romane seines Kentaki Universums, mit denen er die Leserherzen der Space Opera und Hard SF Fans eroberte. Nach seinem Wechsel zu Piper legte der neue Hausverlag neben den bekannten Romanen auch vermehrt neue Titel auf. In der Regel erscheinen bis zu 2 neue Romane pro Jahr bei Piper, die mit gelungenen Cover und Klapp-Broschur dafür sorgten, dass auch der Buchhandel den Bücher gut aufnahm. Die Folge waren mehrere Romane in den Bestsellerlisten und eine ständig wachsende Lesergemeinde.

In seinen Werken beleuchtet der Autor zumeist eine weit entfernte Zukunft. Seine Menschen sind oft allein im All, begegnen dann rätselhaften, sphärischen Wesenheiten deren Handlungen und Motive kaum einzuschätzen sind. Dazu gesellen sich zumeist Karrieristen, die unseren Protagonisten ihr Leben zusätzlich schwer machen. Wer also auf der Suche nach großen Weltraumschlachten, martialischen Waffengedöhns oder Heldenabenteuern ist, der ist bei Brandhorst falsch. Zwar verfügen auch seine Machtsysteme über Flotten, doch stehen diese nie im Zentrum der Handlung. Brandhorst beleuchtet viel lieber die geplagten Figuren, denen das Schicksal, ihre Gegner und das Unerklärliche, das unbegreiflich Fremde Probleme bereitet. Und hier überzeugt er auch im vorliegenden Roman.

Die Zeichnung seiner Protagonistin ist detailreich und überzeugend. Insbesondere, was die Hilflosigkeit anbelangt, die Tess angesichts der Handlungen des übermächtigen Konzerns überkommen, die Rätsel auf die sie stößt und die Furcht, die sie aufgrund der Verluste, die sie erleiden muss hat, werden geradezu mustergültig herausgearbeitet.

So bietet auch vorliegender Roman ein manches Mal philosophisch-esoterisch angehauchtes Bild einer fernen Zukunft, in der der Mensch im Mittelpunkt steht – spannende, manches Mal esoterisch angehauchte Unterhaltung ist garantiert.

Andreas Brandhorst: Das Netz der Sterne.
Piper, Dezember 2019.
512 Seiten, Taschenbuch, 16,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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