Die sechzehnjährige Wendy Everly fühlt sich in ihrer Familie wie ein Kuckuckskind. Sie sieht schon mit ihrer wilden Lockenmähne und den dunklen Augen anders aus als ihre Familienmitglieder mit den glatten blonden Haaren und den blauen Augen. Sie ist wild und ungebärdig und läuft am liebsten barfuß. Ihre Mutter glaubt, sie sei mit einem Sohn schwanger gewesen und die Tochter sei ihr nach der Geburt untergeschoben worden. An ihrem sechsten Geburtstag versucht Wendys Mutter, ihre Tochter zu ermorden. Seit diesem Tag lebt die Mutter in einer psychiatrischen Klinik. Wendy und ihr älterer Bruder Matt werden von ihrer Tante Maggie erzogen.

Eines Tages tritt der attraktive Finn in Wendys Leben und eröffnet ihr, sie sei ein Changeling, der nach der Geburt in die menschliche Familie geschmuggelt wurde. In Wirklichkeit ist Wendy eine Tryll, eine Art Trollwesen mit magischer Begabung und zu allem Überfluss auch noch die Tochter der Trollkönigin Elora.

Finn bringt Wendy in die Siedlung Förening, in der die Trolle abgeschieden und unerkannt von den Menschen leben. Doch Wendy wird hier nicht heimisch. Ihre Mutter ist kalt und abweisend und scheint sich nur für das Geld zu interessieren, dass Wendy von ihrer menschlichen Familie erben wird, wenn sie volljährig ist. Auch sind die widerstreitenden Gefühle, die sie für Finn empfindet, in Förening verboten. Denn Finn ist nur ein Tracker, der Trollkinder finden und diese aus ihren menschlichen Familien holen soll und steht damit in der gesellschaftlichen Hierarchie der Trolle weit unten. Wendy dagegen ist die zukünftige Trollkönigin.

Die 1984 geborene Amanda Hocking gilt als derzeit erfolgreichste selbstverlegte E-Book-Autorin der Welt. Die ehemalige Altenpflegerin wurde zwischen Dezember 2010 und März 2011mit ihren Romanen überraschend zur Auflagen- und Dollarmillionärin. Vor Kurzem schloss sie mit dem amerikanischen Verlag St. Martin`s Press einen Vertrag über eine mehrbändige Jugendserie ab.

Die Erwartungen, die die Erfolgsgeschichte ihrer selbst verlegten Romane nahelegen, kann Amanda Hocking mit dem ersten Band ihrer auf drei Teile angelegten neuen Jugendserie nicht erfüllen. Was nach einem originellen Ansatz klingt, verliert leider schon nach wenigen Seiten seinen Reiz.

Die Trolle Amanda Hockings sehen genau so aus wie Menschen und leben auch genau so. Die Kolonie, in der sie sich von den Menschen zurückgezogen haben, ist ein konventioneller Abklatsch einer Siedlung der wohlhabenden amerikanischen Mittelschicht. Einzige Unterscheidungsmerkmale der Trolle sind ein paar wenig aufregende magische Fähigkeiten, schwer zu bändigendes Haar, die Abneigung gegen fleischliche Kost und die Angewohnheit, sich lieber ohne Schuhe fortzubewegen. Das ist zu wenig, um eine neue interessante Rasse in der Fantasyliteratur zu etablieren.

Die Personen in diesem Roman sind stereotyp und eindimensional. Alle Trolle, allen voran natürlich die Heldin Wendy, sind unglaublich attraktiv. Die Handlung verläuft vorhersehbar und spannungsarm. Einige zum Ende hin eingestreute Actionszenen können die Geschichte auch nicht mehr vor dem müden Dahinplätschern retten.

Fazit: Lieblos zusammengestückeltes und eilig heruntergeschriebenes Fantasyepos, dessen Lektüre leider kaum Lesevergnügen bereitet.

Amanda Hocking: Verborgen 01: Die Tochter der Tryll.
Cbt, August 2012.
304 Seiten, Taschenbuch, 12,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Martina Sprenger.