Alva Gehrmann: I did it Norway!

Auf ihrer Homepage erklärt die Journalistin und Autorin Alva Gehrmann über sich selbst: »Schreiben ist leicht, man muss nur die falschen Wörter weglassen.« Das Schreiben scheint ihr tatsächlich leicht zu fallen, denn sie zeigt eine Vielfältigkeit, die sich auch in ihrem Sachbuch wieder findet. Ihr aktuelles Buch über Norwegen schenkt eine Fülle von Details über ein freundliches Volk, das durch Öl reich geworden ist.

Die Autorin reiste über einen Zeitraum von einigen Jahren immer wieder nach Norwegen: So nach und nach erlebt sie Kulturereignisse, lernt sportliche Wettkämpfe und ein Arbeitsleben kennen, das dem Norweger ein intensives Freizeit- und Familienleben ermöglicht. Denn freitags geht es spätestens um 15.00 Uhr ins Wochenende. Wer länger arbeitet, verliert seinen guten Ruf.

Die beliebten Holzhütten weit weg vom normalen Alltag erlauben pure Natur. Wer so lebt, hat eine innige Beziehung zur Familie und der Natur. Ein solches Umfeld bietet zugleich Raum für Kunst und Kultur und fördert Werte, die ein soziales Miteinander in den Vordergrund stellen. Ein Dorf, in dem Bücher die Hauptrolle spielen, ein Museum, das einsam am Fjord auf Besucher wartet oder ein Rockfestival in der Einsamkeit sind nur einige Beispiele. Spontane Feiern werden ebenso gern angenommen wie ehrenamtliches Engagement.

Alva Gehrmann interviewte Künstler, Kollegen, Sportler, Politiker, praktisch jeden, der eine besondere Geschichte repräsentiert. Manche Episoden gehen tief in die Geschichte und berichten von Norwegens Helden, Polarforschern und Jägern.

Das Literaturhaus in Oslo nutzte die Autorin häufig, um dort in Ruhe arbeiten zu können oder Kontakte zu knüpfen. Es entstanden Freundschaften und Einladungen, die ihr neue Perspektiven eröffneten. Mal war es die Nutzung eines noch nicht verkauften Appartements mit Blick auf den Fjord, die Übernachtung im Museumsdorf oder die schwimmende Sauna, die gratis ignoriert und erst durch Eintrittsgelder von der Bevölkerung angenommen wurde. Ständig erfährt sie herzliche Großzügigkeit. Ein Schriftsteller zum Beispiel erlaubt jedem seine einsame Holzhütte zu nutzen, der den Türschlüssel findet und mit der Polaroidkamera ein Foto von sich schießt.

Vieles klingt so schön wie ein utopischer Traum: Ein friedliches Miteinander, bei dem niemand sich hervorheben möchte, eine scheinbar gesicherte Existenz für jeden und eine funktionierende Sozialgemeinschaft. Aus den von Fischerei und Landwirtschaft lebenden Menschen wurden Bürger eines reichen Landes. Der Traum wurde wahr. Trotz des Massenmörders Breivik und der rechtsradikalen Gesinnung einiger Zeitgenossen. Wie das Leben im Norden bei Geringverdienern und Senioren im Detail funktioniert, bleibt offen. Das große Ganze will erfahren werden. Am besten mit dem nächsten ausgiebigen Urlaub in Norwegen.

Alva Gehrmann: I did it Norway!.
dtv, Mai 2019.
304 Seiten, Taschenbuch, 16,90 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

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