Aimee Molloy: Das Therapiezimmer

Eigentlich hätte es der erfolgreiche Psychotherapeut Dr. Sam Statler kaum besser treffen können: Zum ersten Mal hat es ihn emotional richtig erwischt. Er liebt seine Frau Annie von ganzem Herzen. Sie haben New York verlassen, um in Chestnut Hill, der Kleinstadt seiner Kindheit, ihren Lebensmittelpunkt aufzubauen. Dort lebt auch seine erkrankte Mutter in einem Pflegeheim. Nun könnte er sie regelmäßig besuchen und für sie da sein. Sogar die Praxisräume im Souterrain einer alten Villa passen bestens in Sams Arbeitskonzept. Und dank eines Zeitungsinterviews kommen ständig neue Patienten, die ihn weiter empfehlen.

Sam könnte kaum glücklicher sein, wenn nicht jemand im Verborgenen sein Leben stalkt und von Grund auf umkrempeln wollte. Ohne es zu ahnen, gerät er in große Gefahr.

Die Autorin Aimee Molloy begann ihre Karriere mit Sachbüchern. Und nachdem ihr Thrillerdebüt Die Mutter monatelang auf der Bestsellerliste der New-York-Times stand, schrieb sie einen Zweiten, der von Katharina Naumann übersetzt worden ist. In Aimee Molloys Thriller befindet sich ein luxuriöses Therapiezimmer im Zentrum des Geschehens. Die rasante Geschichte besteht aus drei Kapiteln und drei Erzählperspektiven. Sehr schnell offenbart sich, wie es um die Liebe zwischen Sam und Annie bestellt ist und eine dritte Person Sam zu stalken beginnt. Es handelt sich hierbei um eine Person, die sich zu Tode langweilt.

Ein psychologisches Katz- und Mausspiel nimmt an Fahrt auf, das so wendungsreich ist, dass die wahren Hintergründe sehr lang im Verborgenen bleiben. Viele dieser Wendungen ähneln einer 180-Grad-Kurve, nach der die Leserin, der Leser scheinbar wieder an den Anfang, tatsächlich aber in einen Aufzug katapultiert werden, der einen gedanklich in eine neue Richtung treibt.

Der Autorin gelingt das Kunststück, die Leserin, den Leser über die ganze Strecke des Geschehens an einer langen Leine mitzunehmen und durch die immer näher rückende Gefahr nicht mehr loszulassen. Besser kann ein Thriller nicht aufgebaut werden.

Verweise zu einem Werk von Stephen King, dem Meisters des Horrors, zeigen bei der spannungsreichen Lektüre ebenfalls in neue Richtung, die wiederum Spielräume für Interpretationen öffnet. Nach dem Motto, auch das Schlechteste hat eine gute Seite, dürfte für die Protagonisten nur bedingt Trost spenden.

Insgesamt schenkt die Autorin eine irre Story, die sich angenehm von anderen Thrillern abhebt.

Aimee Molloy: Das Therapiezimmer.
Aus dem Englischen übersetzt von Katharina Naumann.
Rowohlt, November 2021.
336 Seiten, Taschenbuch, 14,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.